Generationswechsel in der Apotheke
Bei der Übergabe einer Apotheke auf die nächste Generation wird der Fokus der Überlegungen von den Beteiligten häufig nur auf die Minimierung der Steuern gerichtet. Diese Verkürzung führt allerdings dazu, dass andere wichtige Aspekte nicht berücksichtigt werden. Wir erklären, was Sie alles im Blick haben sollten.
Die Übergabe von Apotheken von einer Generation zur anderen muss professionell gestaltet und ganzheitlich betrachtet werden. Neben den – ohne Frage bedeutungsvollen – steuerlichen Überlegungen müssen noch andere Themen in die Erwägungen mit einbezogen werden: der Versorgungsgedanke der abgebenden Generation, die wirtschaftlich tragfähige Führung der Apotheke durch die übernehmende Generation, die gerechte Vermögensauseinandersetzung innerhalb der Familie, das Verpachtungsrecht der jungen Generation und einige andere wichtige Aspekte gehören unter anderem dazu. Außerdem gibt es Gestaltungsspielräume durch unterschiedliche Übergabealternativen.
Vorweggenommene Erbfolge: Wichtige Belange auf einen Blick
»Die Steuerbelastung soll so gering wie möglich sein!« Dieses an den Steuerberater üblicherweise herangetragenes Ansinnen lässt sich in der Familie oftmals umsetzen, wenn die Apotheke im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen wird.
Was ist darunter zu verstehen? Der Inhaber (Übergeber) übergibt einem Kind (Übernehmer) schon zu Lebzeiten im Vorgriff auf ein zukünftiges Erbe Vermögen, in diesem Fall die Apotheke. Rechtlich handelt es sich dabei um eine Schenkung, die mit einer Auflage (zum Beispiel Zahlung einer Versorgungsleistung oder einer Abstandszahlung) verbunden sein kann. Diese Art der Übertragung ist besonders komplex, da nicht nur wirtschaftliche, sondern auch rechtliche, steuerliche und soziale Belange zu berücksichtigen sind. Wir haben die verschiedenen Bereiche im Folgenden für Sie aufgeschlüsselt:
- Wirtschaftlich: Bei dem Kind müssen, wie bei einem »normalen« Kauf auch, Überlegungen erfolgen, welche Zukunftsperspektiven der zukünftige Apothekenbetrieb hat und wie rentabel er ist. Hierfür sind Rentabilitäts- und Verfügungsbetragsberechnungen nötig.
- Rechtlich: Ein Übergabevertrag muss geschlossen werden. Sind Geschwister vorhanden, so haben diese gegebenenfalls einen Pflichtteilsergänzungsanspruch, was eine erbrechtliche Betrachtung nötig macht. Zudem müssen analog zum Kauf Verträge geprüft und abgeschlossen werden.
- Versorgungsgedanke: Die abgebende Generation sollte sich mit der eigenen Altersversorgung befassen. Mit verschiedenen Bestimmungen können die Vertragsparteien die finanzielle Sicherheit des Schenkers sicherstellen, zum Beispiel durch eine Einmalzahlung, Renten-, Unterhalts- oder Versorgungsleistungen.
- Gerechtigkeit: Bei mehreren Kindern muss das Verhältnis von bedachten und nicht-bedachten Geschwistern beachtet werden. Ein Kind erhält heute die Apotheke, die Geschwister erben später, nach dem Ableben der Eltern, das verbleibende Vermögen. Die Bedürfnisse der verschiedenen Akteure zu erkennen und anzusprechen, erfordert eine gute Moderation mit viel Fingerspitzengefühl.
- Steuerlich: Es kann durch Gestaltung erreicht werden, dass die abgebende Generation bei einer Schenkung nicht – wie im Falle des Verkaufes – mit Einkommen- und Kirchensteuerzahlungen und dem Solidaritätszuschlag belastet wird. Erfolgt die Übertragung gegen wiederkehrende Leistungen oder Ausgleichszahlungen, können allerdings andere einkommensteuerliche Folgen eintreten. Daneben sind erbschaft- und schenkungsteuerliche Auswirkungen zu prüfen. Dies macht eine Bewertung des Unternehmens nötig.
Verkauf der Apotheke innerhalb der Familie
Sollte die Familie feststellen, dass die vorweggenommene Erbfolge keine für sie geeignete Lösung darstellt, weil zum Beispiel keine Einigung über die Höhe der Abstandszahlungen an die Geschwister erzielt wurde, kann ein Verkauf der Apotheke wie zwischen Fremden erfolgen. Sofern die Voraussetzungen gegeben sind, kann die Besteuerung des Veräußerungsgewinnes mit dem ermäßigten Steuersatz erfolgen.
Nach Abfluss der Steuer verbleibt den Eltern sofort ein Geldbetrag zur freien Verfügung. Dieses Geld kann zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten verwendet und testamentarisch die Verteilung des verbleibenden Vermögens auf alle Kinder zu gleichen Teilen vorgesehen werden. Der entscheidende Vorteil dieser Gestaltung liegt darin, dass es zwischen Eltern, dem übernehmenden Nachkommen und den Geschwistern keine Diskussion über die gerechte vermögensmäßige Auseinandersetzung gibt.
»Selbstständigkeit auf Probe«: Pacht oder eine offene Handelsgesellschaft machen es möglich
Mit der Verpachtung der Apotheke oder der Bildung einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) existieren zwei weitere Übergabe-Alternativen. Beide ermöglichen eine Art »Selbstständigkeit auf Probe«, da in beiden Fällen der Betrieb noch nicht komplett an das Kind übergeht, sondern der Übergabe der Apotheke vorgeschaltet wird.
Bei der Verpachtung bleibt das Eigentum an der Apotheke bei den Eltern, das Kind zahlt für die Überlassung der Apotheke einen Pachtzins. Die Verpachtung ist laut § 9 des Apothekengesetzes nur aufgrund eines »wichtigen Grundes« möglich, dazu zählen insbesondere Alter und Krankheit. Bei einer OHG führen Eltern und Kind die Apotheke unter einer gemeinsamen Firma.
Beide Alternativen ermöglichen es dem Kind, Management- sowie Führungserfahrung zu sammeln und im Vorgriff auf einen späteren Erwerb Eigenkapital zu bilden.
Übergabe der Apotheke – Gute Beratung nötig
Diese Vielzahl von Faktoren macht deutlich, dass es weder ein Standard-Vorgehen beim Generationenwechsel gibt, noch dass es sich hierbei um einen einfachen und schnellen Entscheidungsprozess handelt. Stattdessen sollte sich jede Familie in einer umfassenden Beratung alle Alternativen vorstellen lassen, um auf dieser Basis eine fundierte Entscheidung zu treffen.
- Doreen Rieck
Dipl.-Finanzwirtin (FH), Steuerberaterin
Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)
Telefon: 0511 83390 -219